Unternehmer – 17.11.2024

Umsatzsteuer und Insolvenz: EuGH präzisiert Reemtsma-Anspruch bei Insolvenz des Leistenden

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschied am 05.09.2024 zum Reemtsma-Anspruch, der es einem Leistungsempfänger ermöglicht, zu Unrecht gezahlte Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzufordern, wenn der leistende Unternehmer insolvent ist. Die Entscheidung stellt klar, dass eine mehrfache Erstattung von Umsatzsteuer nicht zulässig ist und der Rückzahlungsanspruch dem insolventen Unternehmer zusteht.

Im Besprechungsfall erwarben zwei deutsche Unternehmer (E und H) Motorboote in Italien und wiesen fälschlicherweise deutsche Umsatzsteuer aus, obwohl der Leistungsort Italien war. Der Käufer H zog die Umsatzsteuer unrechtmäßig als Vorsteuer ab, was bei einer Betriebsprüfung auffiel. Nach der Insolvenz des Verkäufers E berichtigte der Insolvenzverwalter die Rechnungen und das Finanzamt erstattete die Umsatzsteuer an die Insolvenzmasse. H versuchte, diese direkt zurückzuerhalten, scheiterte jedoch.

Der EuGH entschied, dass H keinen Anspruch auf Rückzahlung der Umsatzsteuer hat, da diese bereits an die Insolvenzmasse geflossen ist. Eine erneute Erstattung - diesmal an H - würde zu einer unzulässigen Doppelerstattung durch das Finanzamt führen. Der EuGH betonte, dass der Reemtsma-Anspruch nur als letztes Mittel genutzt werden kann und H zunächst zivilrechtliche Ansprüche in Italien hätte geltend machen müssen.

Die Richter stellten klar, dass der Reemtsma-Anspruch nur unter bestimmten Bedingungen gilt und nicht dazu dient, das Insolvenzrecht zu umgehen oder das Finanzamt doppelt zu belasten. Auch wenn der Leistungsempfänger durch die Insolvenz des Leistenden keine Rückforderungsmöglichkeit mehr hat, bleibt eine zivilrechtliche Geltendmachung erforderlich.

Hinweis: Diese Entscheidung verdeutlicht die Risiken einer fehlerhaften umsatzsteuerlichen Einordnung und die Notwendigkeit einer korrekten Abwicklung grenzüberschreitender Geschäfte, um finanzielle Verluste zu vermeiden.

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