alle – 12.10.2025

Kein Verschulden an Fristversäumnis: Langwierige Anwaltssuche in komplexem Fall rechtfertigt eine Wiedereinsetzung

Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben. Bei Finanzgerichtsprozessen gibt es allerdings eine Hintertür - die sog. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Macht eine Person glaubhaft, dass sie eine Frist unverschuldet versäumt hat, darf das Gericht die Uhr per Wiedereinsetzung zurückdrehen. Die Fristversäumnis wird dadurch unbeachtlich, so dass das eigentliche Anliegen in der Sache vom Gericht geprüft wird.

Wie eine solche Rolle rückwärts aussehen kann, veranschaulicht ein aktueller Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH): Im vorliegenden Fall hatte ein Kläger einen komplexen Zivilrechtsprozess gegen seine Ex-Frau geführt, in dem es um Fragen des Versorgungsausgleichs, des Trennungsunterhalts, des nachehelichen Unterhalts und des Vorsorgeunterhalts ging. Zur steuerlichen Anerkennung seiner Zahlungen zog der Mann später vergeblich vor das Finanzgericht. Um seiner Klage doch noch zum Erfolg zu verhelfen, zog er mit einer Nichtzulassungsbeschwerde vor den BFH; vor Ende der Beschwerdebegründungsfrist sprang allerdings sein Prozessbevollmächtigter ab, so dass die Frist verstrich.

Der BFH gewährte dem Mann nun jedoch eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er erst am Tag vor Fristablauf einen neuen Prozessbevollmächtigten gefunden hatte und dieser wegen des komplexen Streitstoffs nicht binnen 24 Stunden hatte tätig werden können. Der Kläger hatte nach Ansicht der Bundesrichter glaubhaft darlegen können, dass er zuvor vier Steuerberater und Rechtsanwälte vergeblich um die Übernahme des Mandats gebeten hatte.

Hinweis: Der Fall zeigt, dass Bemühungen um eine Prozessvertretung gut dokumentiert werden sollten, damit sie später - im Falle einer Mandatsniederlegung und versäumter Fristen - als tragfähige Grundlage für einen Wiedereinsetzungsantrag herangezogen werden können.

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